
1. Blaues Konzert
DER HAMMER OHNE MEISTER
"Zweifellos ist Le Marteau sans maître nicht nur eines der bemerkenswertesten Werke des jungen Franzosen, er verkörpert viel mehr ein ganz bestimmtes – für einen Teil der heutigen Avantgarde typisches – Form- Klangideal. Es ist jenes Ideal einer in Vibratinosgelée getauchten, femininen Sinnlichkeit, einer katzenhaften Hyperraffinesse, wobei die samtweichen Pfoten der Altflöte eine tiefe Frauenstimme streicheln, die jedoch weitaus häufiger von den gespreizten Krallen von Xylorimba, Maracas und Claves gekratzt wird. Das Sadistische manifestiert sich dabei mit seltsamer Besonnenheit, gleichsam in Seidenhandschuhen steckend: die Leichen werden kaum zerfleischt, wohl aber mit ganz systematischen und sanften Schnitten seziert – wollüstige Betätigung einer ästhetisierenden Grausamkeit, ausgeführt von einem wirklich aristokratischen Folterknecht mit Pinzette statt dem Hackmesser. Die melancholisch-sadistisch-surrealistischen Texte René Chars werden durch die Musik in ein Labyrinth hoher Klagelaute gesogen, in ein immer feiner sich verästelndes Maßwerk graziler Klänge, das nur behutsam zubeißt.“ György Ligeti (1959)